Sonja Grasmug kam als „Mitreisende Ehefrau“ ins Land – nun bereitet sie sich als Malerin gerade auf ihre nächste Ausstellung vor.
Um zu sehen, wie und wo ihre Gemälde entstehen, muss man zu ihr nach Hause. Ihre Wohnung liegt in Cihangir, mehr als 200 Treppenstufen über dem Bosporus, in einem Stadtteil, der gerade hip wird und auch andere Künstler anlockt.
Sonja empfängt mich mit Malerspachtel in der Hand und führt mich direkt in die gute Stube. Ihre Gemälde entstehen zwischen Sofakissen und Brotmaschine auf einem einfachen Küchentisch. Sie könne überall malen, solange sie die Inspiration habe, sagt sie. Ein Atelier wäre schon manchmal vorteilhaft, denn so sei alles sehr beengt. Aber was man nicht hat, dem soll man nicht nachtrauern. Deshalb krempelt sie die Ärmel hoch und malt eben dort, wo sie gerade ist.
Ihre Gemälde hat sie überall in der kleinen Wohnung abgestellt, wo gerade Platz ist. Eigentlich sind Sonjas Gemälde abstrakt und doch zeigen sie unverkennbar Istanbul. Mal fühlt mach sich über den Dächern des alten Byzanz, dann wieder in den belebten Einkaufsstraßen Istanbuls. Das Historische und das Moderne, diese Melange des Heute und Gestern, sind ein immer wiederkehrendes Thema. Nichts ist perfekt und doch strahlt über allem eine wunderbare Harmonie. Ihre Gemälde spiegeln das Gefühl dieser Stadt wider: mal leuchtend orange, wie die Lebenslust der jungen Leute, mal gedeckt grau und schwarz, wie die seriöse Welt der Religionen.
Auf ihren Wanderungen durch die Stadt würde sie zwar gelegentlich ein kleines Skizzenbüchlein füllen, aber nie würde sie etwas einfach so nachmalen. Die Skizzen dienten nur der Erinnerung an Stimmungen und Situationen. Später beim Malen fühle sie sich ganz frei und folge auch keiner bestimmten Malschule. Sie nutzt im Moment vornehmlich Acrylfarben, experimentiert aber auch gerne mit Mischformen, in dem sie hier und dort ein paar Stoffreste verarbeitet oder statt des Malerspachtels einen Malerstift verwendet. Manchmal sei sie selbst überrascht, was sich da durch Zufall ergebe.
Als Teenager wollte sie keine Malerin werden, weil sie nicht dem damaligen modischen Trend der Zeit folgen wollte. So hat es lange gedauert, bis sie sich selber eingestehen konnte, dass das Malen ihre Passion ist, ihre Art und Weise ist, unsere Welt zu verstehen.
Seit dem Jahre 2008 lebt Sonja in Istanbul. Bereits nach einem Jahr waren so viele Gemälde entstanden, dass sie die Einladung annahm, in der Österreichischen Schule auszustellen. Ihre Kunst kam an, Sonja fing an die ersten Bilder zu verkaufen und so wuchs sie langsam in die Rolle der Künstlerin hinein. Mittlerweile hat sie jedes Jahr eine große Ausstellung. Ihre Kunst hat sich herum gesprochen.
Am 8. Mai ist es wieder soweit, dann lädt Sonja Grasmug alle ein, ihre neueste Ausstellung bei Manzara zu besuchen.
Text und Fotos: Annette Fleck